Integrationsziel: Dass aus Flüchtlingen „Neigschmeckte“ werden

Am Samstag veranstaltete der Ortsverband Bad Waldsee von Bündnis 90/Die Grünen einen Gesprächsabend zum Thema „Integration bei uns in Bad Waldsee – so weit, so gut?“ Etwa 70 Besucherinnen und Besucher füllten die Alte Mälze bis auf den letzten Platz.

Der Moderator Franz-Josef Schwarzkopf führte gekonnt durch die drei Themenbereiche des Abends: Familie/Kinder, Arbeit und das soziale Umfeld. Es bestätigten sowohl die eritreischen Eltern Kidane und Yordanos Gebremeskiel als auch der Elternvertreter der Grundschule Haisterkirch, Herr Hessdörfer, dass sich Kinder sowohl mit dem Spracherwerb als auch mit dem Knüpfen von Kontakten leichter tun als ihre Eltern. Die Waldseer Ärztin Anja Licha berichtete, dass ihr mittlerweile 17-jähriger afghanischer Pflegesohn dieselben Interessen hat, wie alle anderen Jugendlichen auch.

v.l.n.r Franz Schwarzkopf, Moderator, Torsten Ebenhoch, FV Bad Waldsee, Sr.M. Brigitta, Kloster Reute, Mohamad Ghanem. Foto von Christine Uhl

Beim Thema „Arbeit“ erläuterte Horst Schmidt vom Kreuz in Mattenhaus den holprigen aber zielstrebigen Weg, den sein afghanischer Azubi in Richtung Kochlehre bisher hinter sich gebracht hat. Herr Schmidt betonte, dass hier keinem Deutschen ein Ausbildungsplatz weggenommen worden sei, da es bei den deutschen Jugendlichen zu wenig Interesse an der Arbeit in der Gastronomie gäbe. So sei man froh, den jungen Mann gefunden zu haben, der mit Feuereifer bei der Sache ist. Der syrische Straßenbauingenieur Samer Kassas berichtete, wie er sich aus den Gelben Seiten die Adressen für die Bewerbungen rausgesucht und so ohne große Probleme eine Arbeitsstelle in einem Ingenieurbüro in Ulm gefunden habe: „Anfangs war es schwierig aber jetzt läuft’s!“

Auch beim Thema Nachbarschaft und soziales Umfeld wurde immer wieder deutlich, dass Integration aus vielen kleinen Schritten besteht. Torsten Ebenhoch vom Vorstand des FV Bad Waldsee berichtete, dass es zwar Unterstützung der Stadt gäbe, hier aber noch Luft nach oben sei. Immerhin habe man es jetzt (durch den großen Einsatz von Ehrenamtlichen im Verein) geschafft, dass 5 Flüchtlinge Spielerpässe bekommen haben und ab der anstehenden Rückrunde für den Verein kicken dürfen.  Sr. Birgitta vom Kloster Reute sagte aus ihrer Erfahrung: „Es ist ein Weg, den man miteinander geht und man muss immer im Gespräch bleiben.“ Die Wichtigkeit des Gesprächs mit deutschen Bekannten betonte auch der Syrer Mohamad Ghanem, so habe er mehr Deutsch gelernt als in der Schule.

Der Abend bot ein Kaleidoskop an Alltagserfahrungen und Einsichten, wie die verschiedensten Beteiligten die Aufgabe „Integration“ angehen und wie das Zusammenleben klappen kann. Die Erfahrungen vor Ort wurden ergänzt mit Hintergrundinformationen aus zwei Studien zum Thema „Wie gelingt Integration“ und zum Zusammenhalt in Deutschland, der eine wichtige Voraussetzung ist für die Akzeptanz von Neuankömmlingen in der Gesellschaft. Corinna Kreidler vom Grünen Ortsverband schlug in der Einführung des Abends eine spezifisch schwäbische Zielvorstellung für gelingende Integration vor: Dass aus Flüchtlingen „Neigschmeckte“ werden, die, so lange sie da sind, dazugehören und in Bad Waldsee so glücklich oder unglücklich ihr Leben leben, wie alle anderen auch.

Ortsverband Bad Waldsee, CK