Grüner Kandidatencheck beim Stadtspaziergang kommt gut an

Foto: Markus Leser

Beim Kandidatencheck von Bündnis 90/Die Grünen im Rahmen der Bürgermeisterwahl spazierten rund 50 Personen zusammen mit vier der fünf Kandidaten vom Eschle-Kindergarten über den Bahnhof zum Seenema. Nur Peter Hellstern musste krankheitsbedingt kurzfristig absagen. Passend zu den Stationen ging es bei der rund zweistündigen Veranstaltung vor allem um die Themen Kita-Plätze und Integration, Lärm und Verkehr sowie Kultur.

Bei der Begrüßung im Stadtteil Eschle konnte Corinna Kreidler, Sprecherin des Ortsverbands, gleich zwei Besonderheiten ausmachen: zum einen das Format Spaziergang, das wohl einzigartig in diesem Wahlkampf ist; zum anderen eine Wahlkampfveranstaltung überhaupt im Eschle stattfinden zu lassen, wo es keinen Versammlungsraum gibt, dafür aber leerstehende Geschäfte und ungenutzte Flächen. Sie appellierte bei der Stadtpolitik nicht nur Altstadt und Ortschaften im Auge zu haben, sondern auch die Bedürfnisse der anderen Stadtteile.

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Lucia Vogel, Sprecherin der grünen Gemeinderatsfraktion, fragte nach kurz- und langfristigen Möglichkeiten, dem dringenden Bedarf an Kita-Plätzen zu entsprechen. Matthias Henne brachte An- und Umbauten an bestehenden Gebäuden ins Spiel und rief in Erinnerung, dass auch ausreichend Personal gewonnen werden muss. German Finster wollte sich generell mehr für die Jugend und damit auch für Kindergartenkinder einsetzen. Bernhard Schultes plädierte für einen Neubau im Ballenmoos und einen Anbau in Reute-Gaisbeuren. Simon Weißenbach war neben der Gewinnung neuer Mitarbeiter*innen für die Anpassung der Betreuungszeiten an die Bedarfe der Eltern. Alle vier sprachen sich für eine vielfältige Trägerschaft der Kitas aus.

Das Eschle, so Kreidler, hatte bei den letzten Wahlen deutlich höhere Zustimmungswerte für die AfD als andere Stadtteile. Auf die Frage , wie sich die Kandidaten zu einer etwaigen  AfD-Versammlung z.B. im Haus am See verhalten würden, beriefen sich alle zunächst auf die rechtliche Lage, die eine Versammlung einer demokratisch wählbaren Partei nicht verhindern könne. Schultes und Henne betonten die Notwendigkeit der Kommunikation mit den Bürger*innen, damit es nicht zu solchen Wahlergebnisse komme. Weißenbach sah keinen Handlungsbedarf, solange sich die AfD „ordentlich verhält“.

Am Bahnhof führte Ulrich Köpfler in das Thema Verkehr und Lärm ein. Während die Altstadt ruhig und fast autofrei sei, sei es in den Straßen um sie herum „alles andere als gemütlich“. Der Autoverkehr werde bevorzugt. Es gebe viele kostenlose Parkplätze, wenig Tempolimits, kaum Verkehrskontrollen, zu wenige Fahrradwege, keine regelmäßigen Lärmmessungen. Der neu geordnete Citybus gehe an den Bedarfen der Menschen vorbei und lädt nicht zum Umstieg ein. Schultes regte an, durch Ausbau der B 30 den Verkehr möglichst aus der Stadt rauszuhalten. Als Alternativen zum eigenen Auto setzt er auf E-Car-Sharing und Fahrradstationen. Weißenbach möchte ein Leihfahrradsystem aufbauen und würde mehr Blitzer installieren. Henne plädiert für eine Stärkung des ÖPNV und kritisierte die Reduzierung des Angebots des Citybus nur aus wirtschaftlichen Erwägungen. Daneben ist er für den Ausbau des Radwegenetzes, Tempolimits und Querungshilfen. Finster steht vor allem für technische Lösungen, z. B. Flüsterasphalt, und will das Parken auf Plätze außerhalb der Kernstadt verlagern.

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Im Seenema, der letzten Station des Spaziergangs, begrüßte Markus Leser die Gäste, bevor Hans Ehinger vom Spektrum K seine Fragen zur Kultur stellte. Die Bedeutung und den verbindenden Charakter von Kultur unterstrichen alle Kandidaten. Henne möchte in moderierten Kulturkreisen neue Angebote entwickeln, während Schultes ein regelmäßiges großes Kulturformat, etwa eine Konzertreihe am Stadtsee oder eine DJ-Nacht vorschwebt. Auch eine größere Unterstützung der Kulturschaffenden durch die Stadt wurde einhellig bejaht. Neben einer städtischen Ansprechperson sprachen sich drei der vier Kandidaten für bessere Räumlichkeiten aus, die bei der Sanierung der Stadthalle zu gewinnen seien.

Der Aufforderung einer Teilnehmerin nach mehr Anstrengungen der Stadt im Bereich Integration stimmten die Kandidaten zu, etwa durch entsprechendes Personal oder Orte der Begegnung. Auch die Einbeziehung der örtlichen Naturschutzverbände bei entsprechenden Themen, wie überhaupt eine stärkere Bürgerbeteiligung begrüßten die Kandidaten bei weiteren Publikumsfragen. Finster möchte dazu mit allen Gruppierungen reden, Schultes sieht in regelmäßigen Informationsveranstaltungen und einer Bürger-Hotline einen Weg, während Henne die projektbezogene Beteiligung stärken möchte. Er kritisierte dabei, dass sich der Gemeinderat nicht mit der Initiative gegen die Bleiche-Umgestaltung auseinandergesetzt habe, die über 4000 Unterschriften sammelte.

Zur abschließenden Frage zum Thema Klimaschutz machte sich Henne für einen Mix aus nachhaltigen Energieformen stark, während Schultes die Möglichkeit der Geothermie für eine unabhängigere Energieversorgung ins Spiel brachte. Weißenbach sucht nach Wegen weg vom Autoverkehr und Finster sieht in Sonne und Geothermie „ein Riesenpotential“.

Zum Abschluss dankte die mitspazierende Landtagsabgeordnete Petra Krebs den Veranstalter*innen für das innovative Format, das sie mit nach Wangen nehmen wolle. Schließlich machte sie auf das von ihr initiierte „Bündnis Landkreis Ravensburg nazifrei“ aufmerksam und schlug nochmals einen Bogen zum Beginn der Veranstaltung: alle seien gefordert, sich rechtsextremen Umtrieben in den Weg zu stellen.

Freundliche Grüße
Ulrich Köpfler
für den Orsverband Bündnis 90/Die Grünen Bad Waldsee