Kreistagsfraktion beantragt Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit

Antrag: Einführung Tempo 30 km/h in den Gemeinden und Städten des
Landkreises Ravensburg als Regelgeschwindigkeit.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt, dass die Kreisverwaltung dem Kreistag Möglichkeiten aufzeigt, auf den Hauptverkehrsstraßen und allen anderen Straßen in den Gemeinden und Städten im Landkreis Ravensburg ganztägig und insbesondere nachts Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit einzuführen und entsprechend zu überwachen.


Mit der Zielsetzung erhöhter Verkehrssicherheit sowie von Lärm- und Klimaschutz beantragen wir, dass die Kreisverwaltung dafür in einen aktiven Dialog mit den Gemeinden und Städten eintritt, unabhängig von der Frage der jeweiligen Zuständigkeit als Verkehrsbehörde vor Ort. Vorbild hierzu können entsprechende Regelungen selbst in kleineren Gemeinden unseres Nachbarlandkreises Biberach sein.

Der Antrag samt Begründung soll in den zuständigen Ausschuss AUM überwiesen werden.

Im Einzelnen sehen wir folgende Begründungen:

  1. Tempo 30 rettet Menschenleben

Tempo 30 macht Straßen deutlich sicherer, vor allem für Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind. Mit Tempo 30 sinkt die Wahrscheinlichkeit von Zusammenstößen, im Fall einer Kollision ist die Überlebenschance für zu Fuß Gehende und Radfahrende deutlich größer. Die Geschwindigkeit beim Aufprall ist entscheidend für die Schwere eines Unfalls.

Verschiedene Studien zeigen, dass eine Kollision bei Tempo 50 erheblich gefährlicher für ungeschützte Verkehrsteilnehmer*innen ist als bei Tempo 30. Niedrige Geschwindigkeiten bedeuten ein deutlich geringeres Risiko für schwerste oder tödliche Verletzungen. Das kommt insbesondere Kindern und älteren Menschen zugute.

  1. Tempo 30 verbessert das Verkehrsverhalten

Eine Verkehrskultur des Miteinanders kann sich bei Tempo 30 stärker herausbilden als bei höheren Geschwindigkeiten. Bei niedrigen Geschwindigkeiten können Autofahrer*innen das Geschehen in der Straße besser wahrnehmen. Sie haben mehr Zeit, Gefahrensituationen zu erfassen und darauf zu reagieren. Ferner erleichtern niedrige Geschwindigkeiten die Kommunikation zwischen Verkehrsteilnehmer*innen im Kfz und Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind.

  1. Tempo 30 beeinflusst die Verkehrsmittelwahl

Radfahrer*innen und Fußgänger*innen reagieren sensibel auf das Verkehrsumfeld. Niedrige Geschwindigkeiten wirken sich positiv auf die Umfeldqualität im Straßenraum aus. Sie sind daher wichtige Elemente der Förderung von Fuß- und Radverkehr. Durch mehr Menschen, die Rad fahren und zu Fuß gehen, steigt die urbane Lebensqualität weiter.

Laut Fahrradmonitor 2019 geben 44 Prozent der Radfahrerinnen und Radfahrer an, sich wenig oder überhaupt nicht sicher zu fühlen, wenn sie mit dem Rad im Straßenverkehr unterwegs sind. Viele von ihnen fühlen sich durch hohe Kfz-Geschwindigkeiten bedroht, vor allem dort, wo es keine separaten Radwege gibt. Sie weichen daher oft auf andere Bereiche wie Gehwege aus oder nutzen gleich andere Verkehrsmittel.

Eine allgemein und verlässlich verringerte Kfz-Geschwindigkeit in Kommunen lässt Eltern auf Grund einer geringeren Gefährdung ihre Kinder bei kürzeren Distanzen eher mit dem Fahrrad zum Kindergarten bzw. zur Schule bringen oder begleiten, was Kindern ähnlich wie in den Niederlanden frühe selbstverständliche Erfahrungen mit dem Fahrrad und demnach ein „Fahrradsozialisation“ verschafft.

  1. Tempo 30 schafft lebenswerte Städte und Gemeinden

Tempo 30 erhöht die Lebensqualität in einer Stadt oder Gemeinde. Auch Hauptverkehrs-straßen können (wieder) zu Orten mit Aufenthaltsqualität statt reiner Transitstrecken zu sein. Wenn der Verkehrslärm sinkt, wird es angenehmer, sich in der Straße aufzuhalten und Außenbereiche von Cafés oder Balkone und Terrassen zur Straßenseite zu nutzen.

Da Straßen bei reduziertem Tempo leichter überquert werden können, profitieren Einzelhandel und Gastronomie in Kommunen ganz allgemein, d.h. unabhängig von ihrer Lage, von dieser Regelung.

  1. Tempo 30 mindert den Verkehrslärm

Lärm schadet der Gesundheit. Mögliche Langzeitfolgen von dauerhafter Lärmbelastung sind zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen oder Depressionen. Niedrigere Geschwindigkeiten senken die Belastung durch Straßenlärm, der Lärmpegel sinkt durch die Verringerung der Geschwindigkeit von Tempo 50 auf Tempo 30 durchschnittlich um 3 dB(A).

  1. Überwachung notwendig

Geschwindigkeitsregeln müssen engmaschig überwacht werden, damit sie von den Verkehrsteilnehmern eingehalten werden.

Gelten die Regeln durchgängig Tag und Nacht und einheitlich auf allen Straßen innerhalb von Kommunen, so wächst die Chance, dass sie nach einer Übergangszeit des Akzeptierens und des sich daran Gewöhnens selbstverständlich eingehalten werden.