„Grünes Hochleistungszentrum“ nominiert Agnieszka Brugger für Bundestag

Brugger hatte sie überzeugt – die Fundis, die Realos, die Reformer in den eigenen Reihen. Nicht nur mit ihrem dienstagabendlichen Verbal-Galopp durch Themenfelder wie Afghanistanpolitik und Allgäuer Bauernhöfe, Europapolitik und Jugendgemeinderat in Wangen, restriktive Rüstungspolitik und Südbahn. Brugger hat in den Augen ihrer Parteifreunde auch in den vergangenen drei Jahren im Bundestag geliefert. Diese Überzeugung war besonders stark in der Rede von Landtagsabgeordnetem Manfred Lucha zu hören, der seiner Parteifreundin konstatierte: „Du hast den Laden aufgemischt.“

Lucha meinte damit nicht nur den Laden in Berlin, sondern auch den innerparteilichen. Skepsis habe es anfangs durchaus gegeben, als Brugger auf der Suche nach einem Wahlkreis vor vier Jahren ausgerechnet ins „grüne Hochleistungszentrum im schwarzen Land“ gekommen sei. „Du, die eher linke Fundi-Landesvorsitzende, ich eher der Realo – trotzdem gab's nie böswillige Reibereien“, lobte Lucha.

Skepsis weicht Wertschätzung

Den Ball des etwas aneinander Gewöhnens nahm Agnieszka Brugger auf. Anfängliche Skepsis sei schnell in totale Unterstützung, Wertschätzung und gemeinsamen Tatendrang umgeschlagen – innerparteilich, wie auch draußen bei den Menschen. „Kurz und gut: Oberschwaben und ich – das passt zusammen“, bilanzierte Brugger.

Ob auch Berlin und Brugger noch einmal zusammenpassen, das wird die Bundestagswahl 2013 zeigen. Die grüne Kandidatin hat in Amtzell aber schon mal unmissverständlich klargemacht: Dem politischen Betrieb würde eine zweite Legislaturperiode einer Agnieszka Brugger gut tun. Schließlich stünde noch viel Arbeit an, „bis wir dann endlich auch im Bund den mehr als notwendigen Wechsel hin zu Rot-Grün hinbekommen“.

Übrigens: Rot-Grün ist laut Brugger die einzige in Frage kommende Option. Zur CDU, aber auch mittlerweile zu den Linken sei der Graben zu tief, als dass eine konstruktive Zusammenarbeit denkbar wäre. Brugger wollte somit jegliche „Farbenspielchen“ von vorneherein im Keim ersticken. Es gelte vielmehr, den frischen Wind aus Baden-Württemberg durch ganz Deutschland wehen zu lassen.

Überhaupt: Agnieszka Brugger bilanzierte an diesem Abend nicht nur die eigene Arbeit und blickte voraus, sie zeigte auch Zähne. So erinnerte die 27-Jährige an gescheiterte Unionspolitiker wie Guttenberg, Röttgen, Wulff, Mappus und Metzger, aber auch an die „allgemein verheerende schwarz-gelbe Bilanz“. Sie sprach einem starken Europa das Wort, das viel mehr als „nur“ ein Zusammenschluss einiger Staaten sei: „Europa ist für mich ein einmaliges Friedensprojekt.“

Hauptanliegen: Frieden

Ohnehin: Der Frieden ist Brugger ein großes bundespolitisches Anliegen, das sie sich in der kommenden Legislaturperiode gerne weiterhin auf die Fahne schreiben möchte. Zahlreiche Besuche in Afghanistan hätten bei der 27-Jährigen Spuren hinterlassen, sie bestärkt, sich für Frieden einzusetzen.

Nur im Umgang mit der CDU, da ist Frieden nicht unbedingt Bruggers höchstes Ziel. Einigen verbalen Spitzen bezüglich falscher und/oder gebrochener Versprechungen bei der Bundeswehrreform, bei Straßenprojekten oder der Südbahn folgte ihrerseits das Versprechen: „Ich will ehrliche Politik machen – auch wenn es mal weh tut.“

Ihre Chancen, tatsächlich erneut in den Bundestag einzuziehen, sieht Brugger als gar nicht so schlecht an. Sie habe noch viel Kraft, viele Ideen und wolle um jede Erst- und Zweitstimme leidenschaftlich kämpfen. In jedem Fall werde sie auch wieder auf der Landesliste der Grünen auftauchen. Wo genau, das stehe zwar noch nicht fest. Aber ein wenig höher als vergangenes Mal – damals war sie an Rang elf geführt – sei durchaus realistisch.

Zitate der Kandidatin

„Das Experiment ist geglückt: Diese junge, rothaarige Frau mit den Piercings passt nach Oberschwaben.“
„Ich will hier vor Ort ansprechbar und erlebbar bleiben.“
„Kirchturmpolitik à la CDU lehne ich ab. Hallo? Wir leben in einer Demokratie!“
„Ich stehe meine Frau.“
„Ich will die glaubhafte Alternative zu Schockenhoff sein.“
„Ich habe mich nicht wählen lassen, um mich in Berlin hinten an zu stellen.“
„Rüstungswaffen sind keine Luftballons.“

Quelle: Schwäbische Zeitung (Online Ausgabe vom 11.07.2012)