Das erste Jahr im Amt

Das erste Jahr im Amt der neuen grünen Fraktion: Turbulent, spannend und zeitintensiv

Der Ortsverband Bündnis 90/ Die Grünen Bad Waldsee hat zu einem Gesprächsabend eingeladen „Grüne Fraktion – ein Jahr im Amt“. Zu Beginn begrüßte Ortsverbandssprecherin Corinna Kreidler die grüne Kreisrätin Elke Müller, ebenfalls seit einem Jahr im Kreistag. In einem kurzen Begrüßungsstatement erklärte Elke Müller, sie finde es wichtig und sinnvoll in der heutigen Zeit selber aktiv zu sein und Einfluss zu nehmen, schließlich gehe es in der Politik um die Zukunftsgestaltung für unsere Kinder.

„Turbulent, spannend und zeitintensiv“ so war das Fazit der Fraktion zu ihrem ersten Jahr im Gemeinderat von Bad Waldsee. Die anwesenden Bürgerinnen und Bürger verfolgten zunächst aufmerksam die Vorstellung der Aufgaben und „Ämter“ der fünf Fraktionsmitglieder. Neben den monatlichen Gemeinderatssitzungen kommen regelmäßig Sitzungstermine von Ausschüssen, Arbeitskreisen und verschiedenen Gremien für die Gemeinderäte dazu – zeitaufwändiger als Tina Weng dachte, die laut eigener Aussage letztes Jahr nicht mit einem Mandat gerechnet hat. Dennoch würde sie sich in wichtigen Themenbereichen sogar mehr Sitzungen wünschen. So hat z.B. der Arbeitskreis Radverkehr im ersten Jahr noch kein einziges Mal getagt, aus grüner Sicht unverständlich, denn die Mobilitätsplanung sollte ein Schwerpunkt in den nächsten 2 Jahren sein.

„Was für ein Jahr!“ mit diesen Worten leitete Moderatorin Susanne Haug den Rückblick ein. Geprägt war das erste Amtsjahr durch außergewöhnliche Ereignisse, wie die Wahl der Ersten Beigeordneten, die bekanntlich ein zweites Ausschreibungsverfahren und damit den doppelten Aufwand verursacht hat, durch den Bürgermeisterwechsel und durch die Beschäftigung mit Entscheidungen, die noch der „alte Gemeinderat“ beschlossen hat. Zum Beispiel im bereits weit fortgeschrittenen Planungsverfahren für das aus grüner Sicht viel zu teure neue Verwaltungsgebäude hat die Fraktion laut Aussage von Markus Leser „rausgeholt, was überhaupt noch möglich war an sinnvollen Einsparmöglichkeiten.“

Bei der Entscheidung zum Nahwärmenetz konnten die Grünen ihr Ziel der kompletten Abkehr von jeglicher Verbrennung fossiler Energieträger nicht durchsetzen. Im Aufsichtsrat der Stadtwerke (Markus Leser und Jörg Kirn) dominierte die kurzfristige Betrachtung der Preise die Entscheidung,  vor Klimaschutz und offensichtlich richtigen und nachhaltigen Lösungen. Trotzdem „sind wir überzeugt, dass wir nachhaltigere Lösungen auch mit unserem kleinen Stimmenanteil zukünftig mehrheitsfähig machen“, so Jörg Kirn.

Wer beispielsweise die Entscheidung zur Gewerbegebietserweiterung im Wasserstall aufmerksam verfolgte, hat mitbekommen, dass im Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT) nur zwei Räte, nämlich Markus Leser und Jörg Kirn gegen die Erweiterung argumentiert und gestimmt haben unter Hinweis auf höheres Verkehrsaufkommen, Wohnungsbedarf und Verlust von landwirtschaftlich nutzbaren Flächen. In der darauf folgenden Gemeinderatssitzung stimmten immerhin 8 Räte gegen die Erweiterung. „Spannend“, findet Bianca Bittenbinder, „dass das Ergebnis nicht immer voher bereits feststeht und die anderen Fraktionen durchaus unterschiedlich abstimmen“.

Natürlich hat auch Corona das Jahr geprägt und viele Fragen zu den Konsequenzen, besonders auf den kommunalen Haushalt, sind noch offen. In der Gemeinderatsklausur im Oktober wird es aber endlich auch um die in Zukunft anstehenden Themen gehen und darauf freut sich die ganze Fraktion.

Den neuen Bürgermeister erlebe sie „offen und kommunikativ“ sagte Fraktionssprecherin Lucia Vogel. Außerdem biete sein 12-Punkte Plan durchaus Ansätze für eine Ausgestaltung im Sinne Grüner Kommunalpolitik. „Ein erstes Zeichen“, so Lucia Vogel, „ist die Schaffung einer Stelle für Nachhaltigkeit, Klimaschutz, E-Mobilität und ÖPNV im Fachbereich Bauen und Stadtentwicklung – ein Quantensprung für Bad Waldsee“, den es jetzt mit auszugestalten gelte.

Gefragt aus dem Publikum nach ihrer Position zum Thema „Große Kreisstadt“, äußerten die Grünen sich eher nachdenklich: „mehr Kundenfreundlichkeit und digitale Verwaltung können auch ohne das Etikett Große Kreisstadt umgesetzt werden. Uns fehlt da bisher die Kosten-Nutzen-Analyse und wir denken, es gibt wichtigere große Themen, die wir anpacken müssen, wie z.B. ein neues Mobilitätskonzept mit Stärkung von ÖPNV, Radverkehr und Fußgängern“ so Jörg Kirn.

Zum Abschluss bedankte sich Lucia Vogel beim Grünen Ortsverband für die Unterstützung durch Veranstaltungen, Stellungnahmen und die öffentliche Präsenz. Mit Grünen Mund-Nasen-Bedeckungen wurden die Stadträte und Kreisrätin Elke Müller bedacht und eingeladen, auf dem Globalen Klimastreiktag am 25.09.2020, zu dem der Grüne Ortsverband u.a. eine Aktion plant, damit „Farbe zu bekennen“.

 

Bündnis 90/ Die Grünen

Ortsverband Bad Waldsee

Bildunterschrift: Die Grüne Gemeinderatsfraktion. Von links: Markus Leser, Lucia Vogel, Bianca Bittenbinder, Jörg Kirn, Tina Weng. Foto: Franz Vogel.